Autor: Peter Wellmann / 15.07.2022
Der ER1 von Viatom/Wellue verfolgt ein völlig neues ultimatives Konzept, und ist daher erstmals vom absolut unkundigen Anwender bis zum Spezialisten und sogar für Arztpraxen problemlos nutzbar. Er ist mit seinen 100x22x8mm und 17g eins der weltweit kleinsten, für Jedermann nutzbaren EKG-Geräte mit Langzeitaufzeichnung. Die Anwendung ist ultimativ einfach. Anlegen, die Aufzeichnung startet automatisch, abnehmen, fertig! Die Auswertung der über USB in eine einfach bedienbare Software übertragenen Daten übernimmt dann kostenlos eine KI (künstliche Intelligenz) auf einem Server in den USA. Nach wenigen Minuten ist der fertige Report auf dem heimischen PC gespeichert und abrufbar. Grundlegende Informationen zur Verwendung des ER1, der technischen Daten und der erforderlichen PC-Software finden sich in der kompakten mitgelieferten deutschen Anleitung. Bitte zuerst lesen, eine Beschreibung an dieser Stelle ist wegen der leicht verständlichen Anleitung völlig unnötig. Nur ein Hinweis: Das Gerät kann nicht abgeschaltet werden (grünes Blinken), der geladene Akku hält unbenutzt viele Wochen, muss aber zwingend(!) gelegentlich nachgeladen werden.
Wahl der Befestigung: Die Qualität der Aufnahme setzt an den Kontaktstellen sauber gereinigte Haut voraus. Je weiter die beiden Kontaktstellen voneinander entfernt sind, desto stärker und besser ist das Signal. Die Klebeelektroden E haben blaue Laschen, damit kann der Abstand der Kontaktstellen K vergrößert werden (siehe Abbildung 1). Bitte sorgfältig nach Anleitung positionieren. Perfekt für Langzeitaufzeichnung sind Ambu BlueSensor L oder VL. Keinesfalls bei dieser Methode die Schultern stark nach vorne oder hinten bewegen, die auftretenden Spannungen können trotz flexiblem Mittelteil F des ER1 zu Artefakten in der Aufzeichnung führen. Bei der Befestigung mittels Brustgurt B (für große Personen eventuell verlängern) liegen die Kontaktstellen K auf der Unterseite des Gurtbands weiter auseinander, und liefern ein stärkeres Signal. Oft ist es sinnvoll B so anzulegen, dass das ER1 etwas nach links zum Herz hin verschoben liegt. Die Kontaktstellen zum Körper unter den Marken K (s. Abbildung 1) müssen leicht angefeuchtet sein. Vermeidet man stärkeres Verdrehen des Körpers so ist diese Befestigung gut, zumal bei stärkerem Schwitzen der Kontakt im Gegensatz zu Klebeelektroden weniger leidet. Der Gurt sollte so angelegt werden, dass er sich bei eventueller Bewegung nicht verschiebt, und sich möglichst nicht zu viel weiches Gewebe darunter befindet. Wir waren vom ER1 so begeistert, dass wir uns zusätzlich eine Verlängerung V gefertigt haben, um die Elektroden links unter der Brust und rechts oben unter dem Schlüsselbein zu platzieren. Die Aufzeichnungen erreichen damit professionelles Niveau. (Handelsübliches EKG-Kabel abschneiden, blaue Laschen von alter Elektrode abziehen und ans Kabel anlöten, Lötstelle mit Klebepad isolieren). Das Kabel V zieht man dann z.B. durch einen Ärmel zum am Unterarm befestigten ER1. Ganz extrem wichtig: Wie immer man das ER1 anlegt, je ruhiger man sich hält, desto besser die Aufzeichnung.
Auswertung ohne KI-Nutzung: Nach der Übertragung in den PC steht das EKG sofort zur Verfügung, und kann in hoher Auflösung durchsucht und teilweise oder ganz als PDF gespeichert und ausgedruckt werden. Man probiert alle Buttons aus, es kann gezoomt und mit den Pfeiltasten rechts/links durchsucht werden. Fachkundige werten selbst aus, aber auch Unkundige können einige Probleme erkennen. Alternativ sendet man ein komplettes PDF an seinen Hausarzt oder Kardiologen. Die Qualität der Aufzeichnungen ist bei strikter Beachtung der zuvor gegebenen Hinweise gut genug um auch feine Details zu erkennen. Als Beispiel zeigt Abbildung 2 einen kleinen gezoomten Ausschnitts aus einer Aufzeichnung mittels Brustgürtel. Je nach Elektrodenposition sieht ein Herzschlag z.B. wie in Abbildung 2 rechts beschriftet aus. P-Welle (Vorhofaktion), QRS-Komplex (Depolarisation), T-Welle (Repolarisation). Sehen alle Herzschläge identisch so aus, ist das Herz normalerweise in Ordnung. Abweichungen wie hier in der Mitte sind (auch für Unkundige erkennbar) nicht normal, und müssen untersucht werden.
Ein weiteres Beispiel gibt Abbildung 3. Sie zeigt stark verkleinert Seite 6 von 60 aus einem Langzeit EKG, und einen kleinen gezoomten Ausschnitt. Auch hier erkennt schon der Unkundige den Handlungsbedarf. Alle QRS-Komplexe sind gleich, nicht aber deren Abstände, auch P-Wellen sind nicht sichtbar. Die Grundlinie ist wellig. Es handelt sich um Vorhofflimmern, sofort zum Arzt!
Je nach Herzlage und Elektrodenposition sehen die Herzschläge anders aus, in Abbildung 4 zeigen die QRS-Komplexe nach unten, die T-Welle ist relativ hoch, und die P-Welle hat nicht die übliche Form. Normalerweise kein Problem solange alle Schläge sonst normal und gleich aussehen, und nahezu gleichen Abstand haben. Bei den blauen Punkten gibt es unkritische Artefakte, wie sie bei allen EKG z.B. durch Bewegung entstehen. Kritisch sind aber die rot markierten Stellen, die eindeutig Störungen zeigen (ventrikuläre Extrasystolen). Auch dem Unkundigen ist klar: Ein Fall für den Arzt!
Auswertung mit KI-Nutzung: Jedes gespeicherte EKG kann an die künstliche Intelligenz (KI bzw. AI) gesendet werden, und wird dort ausgewertet. Oft ist der von der KI erstellte Report schon nach wenigen Minuten auf dem Rechner abrufbar. Der Report besteht aus der Auflistung aller gefundenen Beanstandungen im Vorhofbereich (Atrium) und der Herzkammern (Ventrikel), sowie Parametern zur HRV (Herzratenvariabilität). Die Anzahl der entsprechenden Störungen wird auch tabellarisch aufgelistet, und es wird eine zusammenfassende Diagnose erstellt. Wie das aussieht zeigt Abbildung 5. Im Anhang folgen kurze EKG-Ausschnitte mit einem Beispiel zu allen aufgezeigten Abweichungen, ein Beispiel für am Ende an den Report angehängte Kurven zeigt Abbildung 6. Couplet of PAC heißt auf Deutsch Couplet von SVES (Paar supraventrikulärer Extrasystolen), PVC heißt VES (ventrikuläre Extrasystole). Nach Erstellung des Reports findet sich beim Auflisten der EKG-Seiten am linken Bildschirmrand eine Spalte mit allen gefundenen Störungen und deren Uhrzeit, Anklicken führt dann sofort an die entsprechende Stelle im EKG. Keine Panik bei Unkundigen: Man muss die Fachbegriffe im Report nicht kennen, einfach darauf achten ob Punkte aufgeführt sind, und in diesem Fall die Daten an den Arzt übermitteln.
Unsere Meinung: Durch das innovative Konzept ist das ER1 erstmals ein auch für unkundige Personen nutzbares Langzeit EKG-Gerät. Ultimativ einfachste Anwendung, auch ohne KI sind sogar ohne Vorkenntnisse schon Probleme am EKG erkennbar. Der Report der KI ist in einer ständigen Entwicklungsphase, aufgeführte Diagnosen sind aber schon jetzt zumindest qualitativ nachvollziehbar, und ein ernstzunehmender Hinweis auch für Unkundige. Der Arzt wird sich darauf konzentrieren die je nach Beachtung aller eingangs aufgeführten Regeln in ausreichender bis hervorragender Qualität vorliegenden EKG-Kurven selbst auszuwerten. Bevor Arztpraxen Langzeit-EKG mit tausende Euro teuren Systemen erstellen, könnten ER1-Geräte als Vorstufe perfekt eingesetzt werden. Für Arztpraxen Portokasse, für Privat ein beträchtlicher Betrag, das ER1 ist dennoch in beiden Fällen eine klare Kaufempfehlung, sollte aber nur von einem Händler erworben werden, bei dem ein seriöser Support im Kaufpreis inbegriffen ist.