Saturday, February 8, 2020

Erfahrungsbericht mit dem Viatom Checkme Pro

Erfahrungen mit dem Viatom Checkme Pro

von Peter Wellman, 6.02.2020

Viele Geräte am Markt ermöglichen mit integrierten Elektroden lediglich kurze, mit Signalrauschen durchsetzte EKG-Aufzeichnungen. Komplexere Auswertungen der internen Gerätesoftware sind -soweit überhaupt möglich- fragwürdig und kaum nutzbar. Störungsfreie hoch aufgelöste, für den Arzt voll nutzbare Kurven erhält man ausschließlich unter Verwendung von Klebeelektroden am Körper, oft ist es zudem unabdingbar ein Langzeit-EKG (Holter) zu schreiben. Diese Grundvoraussetzungen erfüllen nur wenige Geräte, unter ihnen das Checkme Pro. Das Checkme Pro macht einen qualitativ hochwertigen Eindruck. Klein und leicht, mit einem gestochen scharfen, Strom sparenden s/w-Display reicht eine Ladung des integrierten Lithium-Akkus viele Wochen. Neben den üblichen integrierten Elektroden gibt es Kabelelektroden zur rauschfreien EKG-Aufzeichnung bis zu 24 Stunden. Alle Daten können über APP verwaltet, mittels PC-Software am großen Bildschirm analysiert, zu Mail versendbaren PDF-Reports aufbereitet und unbegrenzt gespeichert werden.Wichtige Reports kann man am PC editieren und mit Zusatzinformationen ergänzen.

Es ist durchaus sinnvoll sich anhand des Internets mit den Grundzügen der EKG-Auswertung vertraut zu machen, um einige Ergebnisse selbst zu bewerten. Besteht ein EKG ausschließlich aus sauberer P-Welle, QRS-Komplex und folgender T-Welle in der "üblichen" Form mit (fast) konstanten RR-Intervallen, so gibt der Laie Entwarnung. Zeigt sich aber eine Extrasystole (siehe Abb. 1), ist es bereits sinnvoll einen Fachmann zu befragen. Generell gilt: Alle Interpretationen müssen zwingend von einem erfahrenen Kardiologen überprüft und vervollständigt werden. Aus diesem Grund zeugt es von Seriosität, dass Checkme Pro weitgehend auf fragwürdige Auswertungs-Software verzichtet, und alle Schlussfolgerungen dem Fachmann überlässt. 


Tagescheck: Diese Funktion erzeugt mit den eingebauten EKG-Elektroden und dem eingebauten O2-Sensor zur Messung der Sauerstoffsättigung eine kurze Aufzeichnung. Extrem wichtig: Das Gerät muss dabei korrekt angefasst und beim Check absolut ruhig gehalten werden. Auffällige Ereignisse wie eine Extrasystole erkennt man problemlos, subtilere Ergebnisse gibt es jedoch nur, wenn man die Kabelelektroden und den mitgelieferten O2-Fingersensor verwendet. Die leicht deltaförmige Flanke im QRS-Komplex (Hinweis auf ein WPW-Syndrom) erkennt auch der Fachmann erst bei guter Auflösung (siehe Abb. 2). Auch dieses Beispiel zeigt die zwingende Notwendigkeit der ärztlichen Begutachtung. 

Hat man zuvor eine Patientenakte angelegt und einmalig für jeden Patienten individuell die Blutdruckmessung kalibriert, erhält man (gut durchblutete, warme Finger vorausgesetzt) zusätzlich den systolischen Blutdruck mit guter Genauigkeit angezeigt. Wer auch noch die Körpertemperatur wünscht, kann diese mit dem eingebauten Infrarotthermometer ebenfalls messen. Das funktioniert gut, wenn man den goldenen Infrarotsensor kurz in den geöffneten Mund schauen lässt, die niedrigeren Werte an Stirn und Schläfe gemessen sind weniger genau.


Langzeit-EKG: Die wichtigste Funktion! Man wählt die Aufzeichnung mit Kanal II, die Elektroden sind dabei direkt unter dem rechten Schlüsselbein (rot) und ca. 10-20cm unter der linken Brust (grün) angeklebt. Spezielle Elektroden hierfür sind AMBU Blue Sensor VL-00-S/25. Haut sauber und trocken, Elektroden gleichmäßig aber gewaltfrei andrücken, für einige Stunden ohne viel Bewegung reicht auch ein lockeres Ansetzen. Zum Beispiel am Start einer Bergwanderung schaltet man die Aufzeichnung ein, und steckt das Gerät mit zwangsfrei unter der Kleidung verlegten Kabeln in eine Brusttasche (notfalls auch Hosentasche). Man bewegt sich möglichst ruckfrei, um Bewegungsartefakte im EKG zu reduzieren. Ein ganz sauberes EKG ergibt sich in kleinen Ruhepausen, die man z.B. alle 20 Minuten einlegt. Auf diese Weise konnte ich potentiell lebensgefährliche VT dokumentieren (siehe Abb. 3), die sich zuvor allen unangenehmen und aufwändigen klinischen Untersuchungen entzogen hatten. Die Klinik bestätigte mir, dass ein implantierter Eventrecorder das auch nicht besser gemacht hätten. Voraussetzung hierfür ist jedoch unbedingt die Beachtung der Hinweise in Abbildung 4.




Schlafmonitor und Mehr: Befestigt man den Fingersensor am Finger, und das Gerät am Arm, so kann man mit der Funktion "Schlafmonitor" Pulsrate und Sauerstoffsättigung über die ganze Nacht aufzeichnen, und sein Schlafverhalten kontrollieren. Auch ein gegebenenfalls gefährlicher Atemstillstand (Schlafapnoe) wird erkannt. Das Ergebnis der Messungen kann auf dem extrem scharf abbildenden Display des Checkme Pro dargestellt werden. Ruft man bei angeschlossenen Sensoren (O2 und EKG) die Funktion "Mini-Monitor" auf, so verwandelt sich das Display in einen kleinen Patientenmonitor, der über Bluetooth auch auf ein Tablet oder Smartphone gespiegelt werden kann. Wer auch den diastolischen (unteren) Blutdruckwerte in Checkme Pro dokumentieren möchte, kann als Zubehör eine Oberarm Manschette erwerben, die die Messwerte über Bluetooth in das Checkme speichert. Ein integriertes Pedometer zur Bestimmung von Wegstrecke und Laufgeschwindigkeit steht ebenfalls zur Verfügung.

 

Software: Per Bluetooth können Checkme-Daten auf Android oder iOS-Geräten angeschaut und gespeichert werden. Wir haben die App "MyBeats Hub" V3.5.10 auf Android 5.0.2 zur Datenauswertung ausprobiert, und "Checkme Monitor" V1.3.0 auf Android 4.4.4 zur Darstellung eines Patientenmonitors. Beide Apps liefen einwandfrei. Für Zusammenstellung von Reports und eingehender Begutachtung der EKG-Daten favorisieren wir wegen des dazu sinnvollen riesigen PC-Bildschirms die PC-Software "Checkme-Browser" V2.0.0, die bei uns unter Windows 7 Professional störungsfrei arbeitete, und unter anderem die der Klinik  gemailten Reports produzierte. Die Auswertung eines Langzeit-EKG ist nur über den PC möglich. Leider ist der Speicherort der  Checkme-Daten in V2.0.0  noch nicht frei wählbar, die Datenbank befindet sich bei Windows 7 im Ordner "CheckmeBrowser", der wegen eines  versteckten Ordners im Pfad nicht ganz einfach zu finden ist. Wir haben im Ordner "Benutzer" mit der Windows Suchfunktion nach db_checkme.db gesucht, diese Datei befindet sich im Ordner "CheckmeBrowser", zu dem wir uns dann einen Link auf dem Desktop angelegt haben. Zum Sichern der Daten kopiert man einfach den ganzen Ordner an eine andere Stelle (z.B. einen USB-Stick). Dieser Schönheitsfehler wird hoffentlich bald von Viatom behoben.


Wartung: Zum Schutz steckt man das Gerät in die mitgelieferte matt durchscheinende Gummihülle. Wichtig ist der Hinweis das Gerät niemals längere Zeit voll geladen zu Lagern, das mögen Lithium Akkus (wie auch Tiefentladung) gar nicht. Also erst bei Bedarf nachladen, und vor der Lagerung gegebenenfalls teilweise entladen (notfalls zwei Stunden Langzeit-EKG schreiben). Niemals das Gerät tagelang am Ladergerät oder nach einer Datenübertragung am PC angesteckt lassen, keine Schnellladegeräte verwenden. USB-Steckverbindungen sind nicht für die Ewigkeit gedacht, und daher sorgsam zu behandeln. Falls die Qualität der Aufzeichnung reicht, also bitte die integrierten Sensoren nutzen um unnötige Steckoperationen zu vermeiden. Die eingebaute Uhr sollte man vor Langzeitmessungen mit seiner Armbanduhr synchronisieren, um aussagekräftige Zeitmarken zu ermöglichen.


Fazit: Wer brauchbare Ergebnisse zur Kontrolle seiner Gesundheit wünscht, kann Billig-EKG und Pulsuhr vergessen. Neben guter Funktion ist ein CE-Zertifikat genauso wichtig wie legaler Import (MwSt., Zoll), deutsche Anleitung, deutsche Menüs und voller Kundenservice mit Garantie vor Ort. Angesichts seiner Zulassung als Medizinprodukt mit hervorragenden Möglichkeiten beim EKG und den vielen anderen Funktionen kann Checkme Pro durchaus Probleme aufdecken, die bei der ärztlichen Untersuchung auch mal durch die Maschen schlüpfen. Ergänzt durch kostenlose APP und empfehlenswerte PC-Software ist das Gerät nicht zuletzt wegen seiner ausgezeichneten Langzeit-EKG Funktion kein Spielzeug, sondern ein ernsthaft nutzbares Diagnoseprodukt. Auch wenn sich das im Preis spiegelt, ist Checkme Pro eine klare Kaufempfehlung, und jeden Cent des Kaufpreises wert.

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